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Erika Fatland: Sowjetistan

Erika Fatland ist norwegische Journalistin mit einem großen Interesse an den Post-Sowjetischen Staaten. Und da gibt es in Zentralasien gleich eine Handvoll neuer Staaten, die sich in mancher Hinsicht sehr ähneln, aber in anderer auch extrem unterschiedlich sind. Mehrere Monate reiste die Autorin durch die Länder, den Anfang machte dabei Turkmenistan – weil es von allen Staaten die striktesten Einreisebestimmungen hat. Danach folgen Kasachstan, Tadschikistan, Kirgistan und Usbekistan.

Ein Staat hat es zu einer Demokratie geschafft, die aber sehr wackelig ist, während zwei weitere Staaten eher in einem Stile wie in Nordkorea regiert werden. Gab es früher keine Religionen (bzw. nur in unterdrückter Form), so gibt es sie nun wieder. Es gibt islamistische Gruppierungen, aber auch Regierungschefs, die jegliche Opposition dem radikalen Islam zuschreiben und so sind schnelle Verurteilungen von unliebsamen Gegnern unter dem Denkmantel der Terrorbekämpfung verbreitet. Korruption blüht überall, manchmal ganz offen, manchmal sehr versteckt. Mächtige Nachbarstaaten versuchen Einfluss zu nehmen (Russland, China), andere Nachbarn sind so instabil, das niemand weiß, was die Zukunft bringen wird.

Einige Staaten sind sehr reich an Bodenschätzen, andere nicht. Fast alle haben große Probleme mit Umweltschäden aus der Sowjetzeit, der nur noch in kümmerlichen Überresten existierende Aralsee ist nur ein Beispiel davon. Die UDSSR testete in Zentralasien auch ihre Atomwaffen und experimentierte mit biologischen Waffen. Gemeinsam ist ihnen auch, das es sich bei den Staaten um Vielvölkerstaaten handelt. Umsiedlungen in der Sowjetzeit führten dazu, aber auch, das die Grenzen bereits früher willkürlich gezogen wurden.

Wenn man das alles liest, dann fragt man sich, warum um alles in der Welt sollte man überhaupt dorthin fahren. Teilweise lebt die Region vom Mythos der Seidenstraße, aber trotz aller Umweltschäden ist eine faszinierende Landschaft, mit einer interessanten Kultur und mit sehr gastfreundlichen Menschen.

Unterteilt ist das Buch in fünf Abschnitte, die wiederum einzelne Reportagen und Reisebeschreibungen enthalten. Neben Landschaft und Gebäuden werden auch Begegnungen mit Menschen eingefangen, es gibt Informationen über die derzeitige politische Lage, aber auch viel geschichtliches Hintergrundwissen. Außerdem gibt es in der Mitte des Buches einige Farbfotos, die immerhin einen winzigen Einblick in die Landschaft geben. Auch den Schreibstil fand ich sehr angenehm – vieles, was sie beschreibt, ist nicht zum lachen, aber manche absurden Situationen sind mit viel Humor erzählt: Wenn sie z.b. in einer Region, die für den Apfelanbau berühmt ist, auf dem Markt einen Apfel isst und begeistert ist, weil sie noch nie einen so perfekten Apfel gegessen hat – und der Verkäufer ihr dann strahlend versichert, das die Äpfel alle aus China importiert wurden.

Die Originalausgabe erschien in Norwegen schon 2014, naturgemäß hat sich inzwischen einiges in der Politik getan. Allerdings beruht die Übersetzung auf eine neuere Auflage, in der auch ein Nachwort von 2016 enthalten ist, in dem die Autorin darauf eingeht.

Lesetipp für alle, die gerne in Gedanken reisen und neugierig auf Zentralasien sind!

OT: Sovjetistan. En reise gjennom Turkmenistan, Kasakhstan, Tadsjikistan, Kirgisistan og Usbekistan

13 Antworten auf „Erika Fatland: Sowjetistan“

Das Buch klingt auch nach deiner Rezension noch sehr gut und interessant. Vielleicht habe ich ja noch Glück und die Bibliothek schafft es irgendwann an. Gerade über diese kleinen Staaten, die mal Teil der UdSSR waren, weiß ich so gut wie gar nichts und fände es spannend etwas über sie zu lesen.

(*geht ihre Merkliste erweitern*)

Wobei zumindest Kasachstan nicht als kleiner Staat bezeichnet werden kann, in der Rangliste der größten​ Staaten liegt es Platz 9. Aber das war mir vorher auch gar nicht bewusst.

Vielleicht hast du Glück bei der Bücherei!

Der flächenmäßig größten Staaten oder der an Bedeutung größten Staaten? Mein „klein“ bezog sich eher auf letzteres. Wobei ich mich auch immer frage, ob diese Länder vielleicht in ihrem Teil der Welt wichtige übergreifende Politik machen und ich bekomme nur nichts davon mit.

Ah ok, ich meinte flächenmäßig.
Ich glaube, wir bekommen hier nicht viel mit. Wenn man bedenkt, welche Nachbarstaaten es gibt und wie instabil die teilweise sind (nicht nur Afghanistan, sondern auch Pakistan, Russland und China sind auch nicht ohne…)…

Das Buch klingt wirklich sehr interessant. Vor allem weil das Länder sind, über die ich so gut wie nichts weiß und immer gerne etwas über solche Länder lerne. Den Titel werde ich mir auf jeden Fall merken.

Ich möchte irgendwann nach Usbekistan reisen, deshalb habe ich mich schon etwas mit dem Land beschäftigt, aber nur sehr oberflächlich, wie ich nun gemerkt habe…

Interessiert dich das Land „einfach so“ oder hast du eine Verbindung zu dem Land? Bitte entschuldige, wenn die Frage zu persönlich sein sollte. Finde das nur einfach interessant, weil es ja ein nicht ganz so häufiges Reiseziel ist.

Nee, Verbindungen gibt es nicht. Ich finde einfach Asien und Zentralasien spannend. Bisher war ich nur in Vietnam und der Mongolei, will aber unbedingt noch mehr sehen. 😃

Vietnam und die Mongolei würde ich auch gerne noch bereisen. In der Mongolei finde ich die Natur und diese Weiten so faszinierend.

Ich habe deine Antwort zwar vom Handy aus schon gesehen, wollte dann vom Laptop aus antworten weil ich so ungerne via Handy kommentiere und kam dann die ganze Woche nicht dazu. Aber jetzt.

Die Bilder kamen mir gleich irgendwie bekannt vor und anhand der Kommentare habe ich gesehen, dass ich sie auch damals schon kommentiert und somit gesehen habe :-) Dennoch habe ich mir die Bilder gerne wieder angeschaut. Die Landschaft ist echt der Hammer. Diese Weite. Und diese Wolken bei denen man denkt man könne danach greifen (zumindest sieht es auf dem Bild so aus). Echt toll.

Ich mag auch eher ungerne am Handy kommentieren.
Ach, ich hatte gar nicht mehr daran gedacht, das du schon mal bei den Bildern kommentierst hattest. Aber nach ein paar Jahren darf man das ruhig nochmal machen. ;)

An den Himmel denke ich auch immer wieder sehnsüchtig zurück. Diese Weite, herrlich… *seufz*

Ich hatte ja auch nicht mehr daran gedacht :D So gerne man es möchte, kann man sich ja sowieso nicht alles merken.

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